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Plaudern über das Elend

Else Buschheuer las im HOT aus ihrem New York-Tagebuch

von Marcel Kirf

Lesen ist nicht gerade ihre Stärke. Dass das auch für ihr Schreiben gelte, ätzen die Feuilletons im Lande Else Buschheuer spätestens seit Edition ihrer Internettagebücher aus New York nach. Diese hatten der ehemaligen Wetter-„Fee“ von Pro Sieben und Kurzzeitmoderatoren des „Kulturweltspiegel“ zu einiger Aufmerksamkeit verholfen, weil sie darin auch das Erleben des Anschlags auf das World Trade Center thematisiert. Am Montag stellte die selbst ernannte „Buchschreiberin“ ihr Werk im eng bestuhlten Foyer des Hans-Otto-Theaters (HOT) vor.
Lesen ist nicht gerade ihre Stärke. Mit viel Luft in der Stimme trägt Buschheuer die unverbunden ins System gehämmerten Zeilen ihres launig-selbstverliebten Großstadtmonologs vor. Das flapsig-verhuschte Vibrieren ihres Redeflusses, das quakig-mädchenhafte, leicht affektierte Plaudern wirkt wie der sich aufgeregt überschlagende Erlebnisbericht einer Pubertierenden, deren größte Sorge das Sich-Übersetzen der Sensationalität ihrer Worte auf die Zuhörenden ist. Derart im Sprechen leidlich unterdrückte Hysterie und das Hinfort-Hyperventilieren von Silben und Wortendungen erinnert an die Masche einer Verona Feldbusch.
Hinzu kommt eine Attitüde, schwankend zwischen prometheischem Star-Dünkel und fraternisierenden Annäherungen an das Publikum. Einleitend hatte HOT-Intendant Ralf-Günter Krolkiewicz die rund 150 Besucher eingeschworen, dass „die Else“ ja eine alte Freundin sei, man kenne sich seit zwanzig Jahren, und sie sei ja auch „aus der Nähe von Potsdam“. Zur Schule gegangen ist die gebürtige Sächsin hier ein paar Jahre. Zwei ehemalige Klassenkameraden sind anwesend. „Eine von uns“ sitzt da oben, soll das heißen, ganz harmlos, was jene beruhigen mochte, die angesichts ihres ärmellosen Hare-Krishna-Shirts schon befürchtet hatten, sie könne wieder in Meditationsgesänge ausbrechen, wie auf jener völlig aus dem Ruder gelaufenen Lesung im Berliner „Dussmann“.
Das tat sie nicht. Und doch hatte man den Eindruck, der Abend in der Hauptstadt wirke noch nach. Glaubt man den Kommentatoren von damals, kam es überhaupt erst so weit, weil das Publikum zwischen sprachloser Entgeisterung und murrender Ablehnung nicht dankbar auf das Gelesene reagierte. Dem beugte Buschheuer in Potsdam vor, mit der Ankündigung, aus allen drei ihrer Bücher lesen zu wollen.
Zunächst das Tagebuch („www.else-buschheuer.de“). Erzählt wird im Friseur-Salon-Stil: direkte Rede („sacht sie .../ sach ich ...“), abgehackte Wortfetzen, angereichert mit effekthascherischen Kommentaren und Qualifizierungen. Ist die Syntax in der Echtzeit-Situation des ursprünglichen Eingebens möglicherweise noch dem Medium Internet geschuldet gewesen – Gedanken werden festgehalten, wie sie gerade kommen – fragt man sich, ob die Buchversion je durch die Hand eines Lektors gegangen ist. Inhaltlich mäandert der Text, einsetzend am 1. Juli 2001, zwischen Belanglosigkeiten und Alltagsskurrilitäten, die dankbar ausgeschlachtet werden. So wird etwa eine verwirrte Frau beschrieben, die sich für die „Verlobte Christi“ hält. Doch nicht Mitleid treibt die Autorin, der Versuch, zu verstehen oder zu erklären, sondern purer Voyeurismus, mehr noch: in ehrabschneidender Weise wird die Person vorgeführt, mit Sätzen wie „...schüttelt ihr Haar, was aber nicht fliegt, weil fettig“ sich am Elend ergötzt. In diesem Stil schreibt Else Buschheuer auch über den 11. September: „9.34 Uhr. Möchte nur mal kurz anmerken, dass ich vom Einschlag des ersten Flugzeugs wach geworden bin“ und stellt sich später vor, wie ein Psychiater George W. Bush empfiehlt, den „ersten Krieg des 21. Jahrhunderts“ zu führen, um aus dem Schatten seines Vaters zu treten.
Es folgen ein paar willkürlich ausgewählte Ausschnitte aus dem Roman „Ruf!Mich!An!“ (2000), in welchem ein weiblicher German Psycho mit geladener Waffe und militantem Ossi-Hass durch das Neue Berlin marodiert. Und nach der Ansage „danach hab ich dann ein anspruchsvolles Buch geschrieben“ die wenig anspruchsvolle, mit obszöner Plakativität erzählte Szene einer versuchten sexuellen Nötigung aus „Masserberg“ (2001).
Fragen wollte die Buschheuer dann beantworten, dem Publikum verlangte es mehr nach Autogrammen. Signierte Bücher eignen sich zum Angeben im Bekanntenkreis. So wird jene, Buschheuer, die alles ihrer Selbstinszenierung unterwirft, selbst zum Nippes für harmlose Aufschneidereien. Das geschieht ihr Recht.

(Potsdamer Neueste Nachrichten 24.4.2002)

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