Warning: mt_rand(): max(0) is smaller than min(1) in /homepages/u11857/system/load_infofeld.php on line 31

Warning: mt_rand(): max(0) is smaller than min(1) in /homepages/u11857/system/load_infofeld.php on line 46

Warning: mt_rand(): max(0) is smaller than min(1) in /homepages/u11857/system/load_infofeld.php on line 51
KIRFKONSOLE
Link zum Inhalt Platzhalter. Link zur NavigationPlatzhalter.

KOMPASS  

 

zurück zur Übersicht

Der erste Ossi

Westimporte, Weltbank, Venezuela: Die Bilderbuchkarriere des Potsdamer Politologen Ralf J. Leiteritz / Folge 7

(Serie: Potsdamer Absolventen)

von Marcel Kirf

Junge Ostdeutsche sollten mehr Selbstvertrauen zeigen, fordert Ralf J. Leiteritz. Und in größeren Dimensionen denken lernen. Bedeutende Institutionen wie die Weltbank „brauchen Leute aus dem Osten“. Deutsche im Allgemeinen seien dort unterrepräsentiert. „Man muss auf die eigenen Fähigkeiten vertrauen“, mahnt Leiteritz. Der heute 32jährige Absolvent der Universität Potsdam lebt mit seiner Frau in England, promoviert dort an der angesehenen London School of Economics, und ist einer, der es wissen muss. Wegen einer Tagung weilt er ein paar Tage in Potsdam, und schildert beim zweiten Frühstück Geschichte und Stationen seiner Bilderbuchkarriere.
Nach dem Abitur in seiner Geburtsstadt Leipzig wollte Ralf Juan Leiteritz im turbulenten Wendejahr 1990 zunächst ein Geschichtsstudium beginnen, „weil das die einzige Möglichkeit war, in der DDR etwas Geisteswissenschaftliches ohne Kommunismus zu studieren“. Zeitgeschichte interessierte den Halbkolumbianer. Da fiel ihm eine Zeitungsannonce in die Hände: Die „Hochschule für Recht und Verwaltung“ in Potsdam-Babelsberg suchte Studenten für den neuen Studiengang „Internationale Beziehungen“. Leiteritz schrieb sich an der Nachfolgeeinrichtung der „Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft Walter Ulbricht“ ein, die später erst zur „Brandenburgischen Landeshochschule“ und schließlich Teil der neu gegründeten Universität Potsdam werden sollte. „Ich habe also noch zwei Tage in der DDR studiert“, grinst Leiteritz herausfordernd. „Mein erstes Semester löste sich aber in rege Diskussionen über die Abwicklung auf.“ Mit dem damaligen Wissenschaftsminister Enderlein kam die Evaluation, dann „die Westimporte“. Bis auf zwei Dozenten war am Ende niemand von jenen übrig geblieben, bei denen er sein Studium begonnen hatte, sagt Leiteritz nachdenklich. Über persönliche Verstrickungen der Ausgeschiedenen könne er nichts sagen, „aber ich habe bedauert, dass sie gehen mussten. Die meisten habe ich als qualifiziert erachtet.“
In positiver Erinnerung sind Leiteritz „intensive Betreuung und die kleinen Seminare“ an der Universität geblieben. Damals sei das noch so gewesen, fügt er hinzu. Allerdings sei die Ausbildung aus heutiger Sicht zu theorielastig gewesen: „Nicht jeder strebt eine akademische Karriere an.“ Außerhalb des Hochschulbetriebs sei der Politologe Universalist, so Leiteritz, anders gesagt: „Spezialist für Nichts“. Deswegen müsse man frühzeitig einen Sinn entwickeln, was man später machen und wo man arbeiten wolle, um nicht am Ende des Studiums unter Zeitdruck zu geraten. Insbesondere Praktika seien notwendig, um rechtzeitig „ein geeignetes Profil“ zu erwerben. Leiteritz entdeckte die Entwicklungspolitik für sich und nutzte die Möglichkeiten, die seine Alma Mater ihm bot. Während des Studiums hospitierte er bei der Bundeszentrale für politische Bildung und am Hamburger Institut für Ibero-Amerikakunde. Er erhielt ein Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung, der er noch heute eng verbunden ist, und ging für ein Jahr an die Duke University im US-Bundesstaat North Carolina. „Fast überall hatte ich Exotenstatus“, erinnert sich Leiteritz, „weil ich der erste Ossi war.“ Er wunderte sich über Kommilitonen, die sich nicht trauten, sich um ausgeschriebene Angebote zu bewerben. „Ich wollte immer raus, hab immer Fernweh gehabt.“ 1996 erhält er sein Diplom für eine Arbeit über die „Staatsformation Brandenburg-Preußens im 18. Jahrhundert“, welche besonders die Rolle der Religion bei der Staatsbildung untersuchte. Sein Erstkorrektor gibt ihm eine 1,0.
Kurz vor Ende des Studiums erreicht ihn eine Hiobsbotschaft für die Karriereplanung: Da er die Altersgrenze noch nicht überschritten hat, erhält er die Einberufung zur Bundeswehr. Doch er hat Glück. Die zehn Monate Wehrpflicht kann er in einer Kaserne bei Leipzig abreißen, wird sogar eine Woche vor Ende freigestellt, um sein Aufbaustudium in „International Relations“ an der John-Hopkins-Universität in Bologna anzutreten. Er hatte auf dem Potsdamer Campus ein Werbeplakat gesehen, und ohnehin „einen zusätzlichen Abschluss im Ausland gewollt“. Ein Jahr Bologna, dann wechselt Leiteritz an die School of Advanced International Studies in Washington, wo er den Master-Abschluss erwirbt. Nach weiteren Praktika beim Aspen-Institut in Berlin und bei der SPD-Bundestagsfraktion in Bonn wird er im letzten Studienjahr in Washington Praktikant in der Strategieabteilung der Weltbank. Das ist im Herbst 1998. Leiteritz hatte ursprünglich geplant, nach Ende des Auslandsstudiums für eine Promotion nach Deutschland zurückzukehren, doch dann kommt alles anders. In der amerikanischen Hauptstadt lernt er seine heutige Frau kennen, und dann fragt ihn sein Chef bei der Weltbank, ob er sich vorstellen könne, zu bleiben. Leiteritz bleibt, arbeitet im Social Development Department, reist viel und fühlt sich dort, „wo die echte Politik gemacht wird“. Nebenbei hält er Vorträge für die Ehemaligen-Vereinigung der Friedrich-Ebert-Stiftung, deren regionaler Ansprechpartner für die US-Ostküste er wird, organisiert ein Internetportal und Workshops. Im August 2002 zieht es ihn weiter. Er verlässt die Weltbank, heiratet im September und wird Doktorand an der London School of Economics. Im Bereich Development Studies schreibt er eine Dissertation über Finanzmarktliberalisierung in Lateinamerika in den 1990ern, die er im Sommer 2005 einzureichen gedenkt. Ende dieses Jahres ist aber bereits ein Umzug nach Kolumbien vorgesehen. Leiteritz tritt ein Fellowship in Bogota an, um in Chile und Venezuela Feldforschung zu betreiben. Danach wird er wohl in Lateinamerika bleiben, will in der Politikberatung arbeiten. „Ich sehe mich als Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis“, sagt Leiteritz. „Ich bin kein reiner Akademiker, andererseits möchte ich auch nicht zwanzig Jahre Entwicklungshelfer sein.“

(Potsdamer Neueste Nachrichten 22.08.2003)

KAUFBEFEHL

[mehr ...]

Konsole durchsuchen: